Jeder Fahrradfahrer kennt es. Da möchte man seinem treuen Transportmittel etwas Gutes tun und pumpt die Reifen mal wieder richtig auf und spricht dem Rad ein bisschen gut zu. Man ist stolz auf sich, endlich, nach mehreren Anläufen, mehrmaligem Ärgern über seine eigene Vergesslichkeit und letztendlich krampfhaftem Fahren auf der Felge den Schritt des Luftaufpumpens geschafft zu haben. „Nächstes Mal mache ich es ganz bestimmt früher“, sagt man sich. Mit einem guten Gefühl etwas Wichtiges erledigt zu haben, steigt man abends ins Bett und träumt selig von dem unbeschwerten, wie beflügelten Ritt zur Arbeit am nächsten Morgen. Fröhlich steht man auf, lässt sich beim Frühstücken etwas mehr Zeit, weil man ja heute wieder schneller am Arbeitsplatz ist, da man nicht das Letzte aus sich und seinem Rad rausholen muss. Beschwingt hüpft man die Treppe hinab, schließt das Schloss auf, schwingt das Bein über den Sattel und dann sieht man es…
Das Hinterrad ist platt.
Völlig verblüfft und mit den Augen so groß wie die eines Kindes, wenn es zum ersten Mal einen Marienkäfer sieht, steht man da und weiß nicht, wie einem geschieht. Die erste Frage, die man sich stellt: „Habe ich den Reifen überhaupt aufgepumpt? War das nur ein Wunschtraum?“ Dann erinnert der leichte Muskelkater in den Armen durch die ungewohnte sportliche Aktivität des Aufpumpens daran, dass man wirklich mit der Luftpumpe aktiv war. Langsam wird man wütend und ein Blick auf die Uhr macht das Ganze auch nicht besser. Man ist ja eh schon spät dran. Der Denkapparat rechnet sich aus, wie lange es dauern würde, den Reifen zu flicken, entscheidet sich schließlich doch für die Bahn, denn realistisch gesehen, sind nur wenige Menschen in der Lage in Minutenschnelle einen Schlauch zu reparieren.
Am Abend nimmt man sich dann der ganzen Sache nochmals an. Voll ausgerüstet mit Werkzeugkoffer, Flickset, Eimer mit Wasser, um das Loch zu finden und Luftpumpe macht man sich auf den Weg. Nachdem man den Reifen ausgebaut und den Schlauch vom Mantel befreit hat, staunt man manchmal nicht schlecht. Im alle fünf Minuten ausgehenden Licht wird der mitgebrachte Wassereimer unnötig, denn das Loch im Schlauch hat die Ausmaße eines Vulkankraters. Gut, da helfen auch alle Flicken nichts, auch nicht, wenn man versucht alle auf einmal auf das Loch zu kleben. Ein neuer Schlauch muss am nächsten Tag besorgt werden.
In dieser Nacht liegt man in seinem Bett und fragt sich verzweifelt, was man bloß falsch gemacht hat und kommt nach langer Analyse zu folgendem Ergebnis: Der gute alte Drahtesel war mit so viel plötzlicher Zuneigung völlig überfordert und dachte sich wohl: „So nicht, meine Liebe. Erst totale Atemnot und dann auf einmal 6 bar. Nicht mit mir. Da platzt einem doch der Kragen. Nö, dir zeig ichs. Die Luft ist raus. Zack.“ Und man meint zu später Stunde ein leises Kichern aus dem Innenhof zu hören.
Mit neuem Schlauch und etwas weniger rasantem Aufpumpen schafft man es nach zwei Tagen Radfahrabstinenz das Rad zu reparieren und weiß jetzt schon, dass man wieder fahren wird, bis die Felge beim wilden Ritt auf dem Drahtesel Funken schlägt.
Die Moral von der Geschichte? Man hat einen Fahrradschlauch mit riesen Loch und denkt sich, wieso wegwerfen, wenn man doch des Upcyclings fähig ist und hier ist das Ergebnis: